Zeitzeuge Lutz Röding
Als Stadtdirektor im geteilten Bleckede
geboren am 11.11.1941 in Neustettin
Bleckede, am Zonenrand der Republik
Kontakte zwischen Ost und West
Die Rückgliederung der Gemeinden nach Niedersachsen
Ein Rückblick und ein Ausblick
Bleckede am Zonenrand der Republik
Man hat die Grenzsituation natürlich hier erlebt.
Ich bin mal hierhergekommen, als in einem Geschichtsbuch für die Mittelschule, der Ort beschrieben wurde als ein Ort, der am Niedergang war. Natürlich war ein Teil der Grenze auch das Laster, was man hier zu tragen hatte.
Wir haben dann später zu beklagen gehabt, den Fortgang des Amtsgerichts, das nach Lüneburg gegangen ist, zusammengelegt wurde, das staatliche Forstamt verschwand und das Arbeitsamt, das hier auch eine Stelle hatte und dies alles führte dann eben auch zu einem Fortfall von vielen, vielen Arbeitsplätzen. Dadurch ging auch eine sehr schwache Sozialstruktur einher.
Aber wie gesagt der Verlust der Funktion als Kreisstadt, so war das ja mal, weil der Kreis Bleckede über die Elbe hinüberging, mit dem Amt Neuhaus und der jetzigen Samtgemeinde Dahlenburg. Das war natürlich hier deutlich spürbar in allen Bereichen.
Kontakte zwischen Ost und West
Wir hatten natürlich auch im kleinen Grenzverkehr Kontakte jenseits der Elbe, denn Bleckede war ja eine Gemeinde, die heute wieder vereinigt ist, denn wir haben eine ganze Reihe Flächen, das waren immer 1.200 Hektar, die auf der anderen Elbseite liegen.
Gerade diese verschiedenen Besitzverhältnisse führten natürlich auch zu Kontakten: Wenn der Landfährt der drüben Acker hatte, aber auch hier, dann wurden die Pachten entrichtet nach Bonn zu einer Ausgleichsbank, so dass es eigentlich immer alte Kontakte gab.
Wir sind auch mit einer Abordnung des Rates mal rübergefahren, im kleinen Grenzverkehr und haben dort versucht, Kontakt aufzunehmen.
Und unser Bürgermeister, Herr Karl-Heinz Hoppe hatte auch in der Zeit viele Aktivitäten unternommen auch private Dinge, die hatten drüben auch ein Krankenhaus, in Neuhaus und wurden dann von hier gut unterstützt mit einer Dr. Rintelin war dort Leiter des Krankenhauses und später auch Bürgermeister in Neuhaus.
Wir haben dann also von dieser Seite alle möglichen Sachen versucht, rüberzubringen. Von Röntgengerät bis zu allem möglichen, was sie nicht hatten und was man hier irgendwie entbehren konnte.
Die Rückgliederung der Gemeinden nach Niedersachsen
Wir haben dann überlegt, ob wir Partnerschaften eingehen, mit Neuhaus und all diese Gespräche, die man dann führt auf kommunaler Ebene.
Aber dadurch, dass wir sehr schnell Kontakt hatten mit den Bürgern von den gegenüberliegenden Gemeinde, dann natürlich wurde immer viel erzählt, wie es früher war und wie sie dann drüben auf der anderen Seite die Musik vom Schützenfest hörten. Und sie hatten ja auch meistens noch die Niedersachsen Fahnen selbst genäht und fühlten sich immer auch als Niedersachsen.
Und das führte dann im späteren Verlauf dazu, dass 1993 durch Staatsvertrag das Amt Neuhaus wieder hier nach Niedersachsen angegliedert wurde.
Ein Rückblick und ein Ausblick
Als die erste Fähre mit den Neuhäusern rüberkam und überall die Tränen liefen, das war für mich der wichtigste Tag, glaube ich, den man überhaupt im beruflichen Leben erleben kann – aber auch als Mensch.
Denn das war ja doch so eine Rührung und wenn man wusste, was die zum Teil dort durchgemacht hatten, dann konnte man ein bisschen nachvollziehen, was die eigentlich die ganze Zeit erlebt haben.
Das ist das, dass man nicht vergisst, dass wir hier in Freiheit leben und wie wichtig das ist auch für solche Dinge einzutreten, indem man sich vielleicht auch in Parteien oder sonst was, jedenfalls in gesellschaftlichen Gruppen bereitfindet, mitzumachen.
Denn diese Freiheit, die wir haben, die muss auch immer wieder verteidigt und erkämpft werden.